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FLECKENKIEKER

FLECKENHÖRER vom 02.09.2024

Moin und willkommen zum Fleckenhörer am 2. September 2024! Einmal im Jahr sind Neonazis im mecklenburgischen Dorf Jamel eine winzige Minderheit. Dann strömen Tausende zu einem Festival, um Musik und Ministerworte gegen rechts zu hören. Am Wochenende war es wieder so weit. Rund 3.500 Menschen waren von Freitag bis Sonntag auf das Gelände am ehemaligen Forsthaus im Landkreis Nordwestmecklenburg gekommen. Ich war dabei so wie eigentlich jedes Jahr. Dabei habe ich Claudia Roth getroffen. Sie konnte sich zumindest an Neumünster 2012 erinnern, wo wir Seite an Seite auf der Straße saßen, um Hunderte von Nazis zu blockieren, die durch unsere Stadt ziehen wollten. „Ach ja, da habt ihr auch viel zu tun“ war ihre Reaktion. Viel zu tun hat die Demokratie nach dem 1. September. Vor 85 Jahren überfiel Hitler Polen und begann den 2. Weltkrieg mit über 65 Millionen Toten, dem Holocaust, mit Schlachthöfen für Menschen und einem Meer aus Blut & Tränen. In den ostdeutschen Bundesländern Sachsen und Thüringen vertrauten gestern bei den Landtagswahlen am 1. September jeweils ein Drittel der Wähler*innen wieder den Faschisten. Ich wiederhole noch einmal mein Credo: Wer Faschisten wählt, ist selber Faschist. Wir werden jetzt Übergriffe aller Art in Thüringen erleben, so meine Prognose. Wie die Umfragen von Infratest Dimap gezeigt haben, wurde die AfD in Thüringen aus Überzeugung gewählt, nicht aus Protest. Bei ihrer Abschlusskundgebung der Landtagswahl in Thüringen zeigte sich die AfD Seite an Seite mit neofaschistischen und militanten Neonazigruppierungen, wie Recherche Nord gestern belegt hat. Die Sperrminorität der AFD in Thüringen macht die Lage nicht besser: Folgende Dinge sind beispielsweise durch die AfD beeinflussbar: Änderungen der Thüringer Verfassung. Die Wahl von Richtern am Thüringer Verfassungsgerichtshof. Die Wahl des Präsidenten und des Stellvertreters des Landesrechnungshofs. Die Zusammensetzung des Richter- und Staatsanwaltswahlausschusses, der für die Berufung von Richtern und Staatsanwälten zuständig ist.

Unsere Themen heute:
+++ Gemeinsame Stellungnahme vom Flüchtlingsrat SH und den Landesflüchtlingsräten zur Abschiebung nach Afghanistan am vergangenen Freitag
+++ Schulstart in SH: ADFC gibt Tipps für den Schulweg und fordert von Kommunen mehr Engagement für die Verkehrssicherheit
+++ Kleiner Flecken kreativ – Mit den Profis werkeln beim Kunstflecken

Musik:
Schaisze (Neumünster)
Cava (Berlin)
Heaven Shall Burn (Saalfeld/Saale)
Element of Crime (Berlin)

FLECKENKIEKER

FLECKENHÖRER vom 10.06.2024

Moin zum Fleckenhörer am 10. Juni 2024. Heute vor 100 Jahren starb der italienische Politiker Giacomo Matteotti, Abgeordneter der Italienischen Sozialistischen Partei PSI, einer Partei Italiens, die sich der sozialistischen Arbeiterbewegung zurechnete. Die Ermordung Matteottis durch italienische Faschisten im Jahr 1924 gilt als Beginn der Diktatur Mussolinis. Innerhalb der Partei war er umstritten, weil er Missstände wie Protektionismus und Arroganz der Funktionäre kritisierte und weil er einen reformistischen statt einen revolutionären Kurs verfolgte. Da er aber ein begabter Agitator war und häufig vor Arbeitern sprach, baute er sich eine tragfähige Anhängerschaft auf. Am 10. Juni wurde er von sechs sog. Schwarzhemden entführt, in ein Auto gezwängt und mit einer Feile erstochen. Das Verschwinden Matteottis und die Entdeckung seiner Leiche führte zu einem deutlichen Stimmungswandel in großen Teilen der Bevölkerung. Die Mehrheit zweifelte nicht daran, dass hinter dem Mord die Faschisten steckten. Die „Matteotti-Krise“ war ein Wendepunkt in der Politik Mussolinis. Hatte er vorher noch versucht, in einem gewissen Maß mit den parlamentarischen Institutionen zusammenzuarbeiten, setzte er danach auf eine konsequente Unterdrückung der Opposition, Einschränkung der Pressefreiheit und den Aufbau der Geheimpolizei. Wir entzünden hier ein kleines Licht für den italienischen Helden, der wesentliche Akzente für den italienischen Widerstand im Nationalsozialismus setzte.
In dieser Woche werden hoffentlich viele kleine Lichter in Flensburg entzündet. Entsetzen herrscht dort über die Zerstörung der Gedenkstätte für die Sinti und Roma an der Freien Waldorf-Schule. Es steht noch kein Jahr. Das Mahnmal für die deportierten und ermordeten Sinti und Roma wurde gewaltvoll aus der Verankerung herausgerissen und hinter die anliegende Turnhalle der Schule geworfen. Die Polizei ermittelt bereits. Am 13. Juni um 18 Uhr findet in Flensburg eine Solidaritätsveranstaltung mit den Nachfahren der Holocaust-Überlebenden statt, die unfassbar traurig und wütend sind und sich fragen, wann die Entwürdigungen ihrer Menschen endlich aufhören.
Entsetzen herrscht auch über das gestrige Wahlergebnis bei der Europawahl. Die AfD wird zweitstärkste Kraft – eine rechtsextreme Partei – im Osten sogar stärkste Kraft. Bei vielen Deutschen hat gestern offenbar der rechte Arm gezuckt. Seit Jahren von der Realität entkoppelte, sektenartige Verschwörungsnarrative und Social Media Hirnfick machen es möglich.

Unsere Themen heute:
+++ Bericht der Landesregierung zu einem auf Sylt aufgenommenen Video mit rechtsextremen Parolen sowie zu den Ermittlungsverfahren zu ähnlichen Vorfällen in Pahlen und Schenefeld im Januar 2024
+++ Der Mini-Job ist keine „Arbeit 2. Klasse“ – auch nicht in der Sommersaison in Neumünster – zu den 8.600 Mini-Jobbern in Neumünster eine Meldung der NGG
+++ Deutschlands größte Insektenzählung des NABU geht in die siebte Runde: Noch bis 16. Juni kann man Sechsbeiner zählen